30.05.08 Freitag, 19.00 h

Streitfall - Autoren in der Kontroverse

DIE NEUEN BÜCHER VON JAN PHILIPP REEMTSMA, HEINZ BUDE UND ELISABETH BRONFEN
ES DISKUTIEREN: FRANZISKA AUGSTEIN, MICHA BRUMLIK, MARTIN LÜDKE UND ALS GAST JAN PHILIPP REEMTSMA
GESPRÄCHSLEITUNG: PETER KEMPER (HR2-KULTUR)

Zum fünfunddreißigsten Mal veranstalten hr2-kultur und das Literaturhaus Frankfurt eine öffentliche Gesprächsrunde, in der Journalisten, Wissenschaftler und Schriftsteller Neuerscheinungen aus dem Sachbuchbereich kritisch durchleuchten. Mit den Phänomenen der Gewalt tut sich die Soziologie bis heute schwer. Jetzt hat der Literatur- und Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma unter dem Titel „Vertrauen und Gewalt – Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne“ eine weitgreifende Studie über das Rätsel der Gewalt vorgelegt. Er zeichnet darin historische, politische, literarische und philosophische Entwicklungslinien von der Antike bis in unsere Gegenwart nach. Soziologische Reflexionen wie über das Gewaltmonopol des Staates wechseln mit philologischen Analysen und werden beispielsweise durch Auseinandersetzungen mit Shakespeare als einem Theoretiker der Gewalt oder einer Neudeutung von Schillers „Wilhelm Tell“ veranschaulicht. Reemtsma zeigt, warum unser Vertrauen in die Moderne ungeachtet der Gewaltexzesse des 20. Jahrhunderts fortbesteht. In seinem neuen Buch „Die Ausgeschlossenen“ zeigt der in Kassel lehrende Soziologe Heinz Bude, warum der Traum einer gerechten Gesellschaft ausgeträumt ist. Immer mehr Menschen sind von den Segnungen des Wohlstands ausgeschlossen und haben keine Hoffnung mehr, dass sich daran etwas ändern könnte. Es geht nicht mehr nur um Oben und Unten, sondern um Drinnen und Draußen. Ungelernte Arbeitskräfte kann es genauso treffen wie hochqualifizierte Wissenschaftler. Oder wie Bude schreibt: „Der Absturz scheint überall möglich.“ Das Buch macht klar, was das für die Zukunft unserer Gesellschaft bedeutet. Unter dem Nietzsche-Zitattitel „Tiefer als der Tag gedacht“ hat jetzt die in Zürich lehrende Anglistin Elisabeth Bronfen „Eine Kulturgeschichte der Nacht“ vorgelegt. Darin zeigt sie anhand einer Fülle von Beispielen aus Theater, Film, Kunst, Oper, Philosophie und Psychoanalyse, wie sich die Beziehung zwischen „aufgeklärtem Tag und Nachtverdrängtem“ entwickelt hat. So entsteht eine erhellende Bildungsreise durch die Dunkelheit.

2008