30.06.08 Montag, 20.00 h

Josef Winkler liest aus "Roppongi. Requiem für einen Vater"

„Ich sag dir eines, mein Sohn, wenn es soweit ist, möchte ich nicht, dass du zu meinem Begräbnis kommst.“ Als der Vater 99-jährig stirbt, ist der Sohn in Roppongi, einem Stadtteil von Tokio, und tatsächlich zu weit von seiner verhassten Heimat und seinem übermächtigen Vater entfernt, um noch rechtzeitig die Beerdigung im Heimatdorf zu erreichen. Nichts desto weniger ist der Tod des Patriarchen, der den jungen Bauernsohn lieblos als „Leibeigenen“ behandelt hatte, ein folgenreicher Einschnitt in Josef Winklers Leben und Schreiben. In „Roppongi“ verbindet der Autor die Erinnerungen an den Vater und das Dorfleben in Kärnten mit seinen Reisen ins indische Varasin, wo ihn die Bestattungsrituale faszinierten. Als Abwesender der väterlichen Beerdigung im Kreise der nach wie vor verhassten Dorfgemeinschaft imaginiert sich der Schriftsteller das heimische Begräbnis bis ins kleinste Detail – wie die erst im Sarg unter der Erde über der väterlichen Leiche aufblühenden Gladiolen. „Requiem für einen Vater“ ist eine sehr persönliche und schmerzhaft offene Abschiedsgeschichte.

Josef Winkler, geboren 1953 in Kärnten, wo er heute noch lebt. Zahlreiche Veröffentlichungen wie „Domra. Am Ufer des Ganges“ (2000) und „Natura Morta“ (2001). Er erhielt viele Auszeichnungen und Preise,1994 war Josef Winkler Stadtschreiber in Bergen-Enkheim, 2007 hielt er die Gastdozentur für Poetik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Sein Werk erscheint beim Suhrkamp Verlag.

2008