Öffentliche Literaturwissenschaft: Die internationale Tagung „Andersch revisited“, bei der auch nicht-wissenschaftliches Publikum ausdrücklich erwünscht ist, beschäftigt sich einen Tag lang mit Leben und Werk des bedeutenden Nachkriegsautors Alfred Andersch (1914 – 1980). Andersch war 1993 der Gegenstand einer Invektive des Germanisten und Schriftstellers W.G. Sebald (1944 – 2001), die sich mit Anderschs Biografie während des Dritten Reiches beschäftigte. Moralische Verfehlungen aus dieser Zeit, denen gegenüber Andersch sich nicht anders als beschönigend verhalten habe, beschädigten dadurch auch sein literarisches Werk, so Sebald. Wie also hängen Leben und Werk eines Autors voneinander ab? Die Tagung möchte die Debatte bilanzieren, die sich an die Sebald-Invektive anschloss und dabei Anderschs Werkbiografie in den Mittelpunkt stellen. Welche Rolle spielt biografischer Stoff für Anderschs literarisches Werk?
10.15 Begrüßung und Einführung: Prof. Dr. Jörg Döring (Uni Siegen)
10.30 Prof. Dr. Jörg Döring (Uni Siegen): Zur Textgenese der Dachau-Passage aus den Kirschen der Freiheit. Autopsie des handschriftlichen Befundes
11.30 Dr. Rolf Seubert (Uni Siegen): „Mein lumpiges Vierteljahr Haft…“. Versuch einer historiographischen Rekonstruktion von Anderschs KZ-Aufenthalt 1933
13.00 Mittagspause
14.00 Dr. Felix Roemer (Uni Mainz) : P.O.-Box 1142. Die Vernehmungsprotokolle von Andersch in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Eine neue Quelle zur Sebald-Debatte
15.00 Dr. Alexander Ritter (Uni Hamburg): „Volkstümler“, das Jahr „1938“, „Sansibar“ und ein ganz „schlechtes Gedächtnis“. Alfred Andersch und der Blut-und-Boden-Roman: Fragwürdiges Vorbild und verschwiegener Einfluss
16.00 Kaffeepause
16.30 Dr. Markus Joch (Uni Frankfurt): Erzählen als Kompensieren. Andersch revisited
17.30 Dr. Stephan Reinhardt (Heidelberg): "Transsubstantiation von Schuld / Mitschuld in Schuldfreiheit". Zu einem Satz von W.G.Sebald
18.30 Prof. Dr. Rhys Williams (Uni Swansea): Sebald und Andersch: Dekonstruktion einer Dekonstruktion
20.00 Abendessen
Eine Veranstaltung von Universität Siegen und Literaturhaus Frankfurt
Gefördert von Fritz Thyssen Stiftung
Eintritt frei