26.09.08 Freitag, 19.00 h

Streitfall - Autoren in der Kontroverse

DIE NEUEN BÜCHER VON SIMON BLACKBURN, NORBERT BOLZ UND ROBERT SPAEMANN
ES DISKUTIEREN: FRANZISKA AUGSTEIN (MÜNCHEN), NORBERT BOLZ (BERLIN), MICHA BRUMLIK (FRANKFURT) UND MARTIN LÜDKE (FRANKFURT)
GESPRÄCHSLEITUNG: PETER KEMPER (HR2-KULTUR)

Zum sechsunddreißigsten Mal veranstalten der Hessische Rundfunk und das Literaturhaus Frankfurt eine öffentliche Gesprächsrunde, in der Journalisten, Wissenschaftler und Schriftsteller Neuerscheinungen aus dem Sachbuchbereich kritisch durchleuchten. Religion hat Konjunktur. Zumeist handelt es sich dabei jedoch um einen neuheidnischen Religionsersatz wie den Götzendienst des Ich oder der Natur, um die Sozialoffenbarung der Linken oder den Konsumismus der Angepassten. In seinem neuen streitbaren Buch „Das Wissen der Religion“ diskutiert der Berliner Medienwissenschaftler und Philosoph Norbert Bolz die Fragen nach dem Sinn des Lebens und dem Umgang mit der eigenen Endlichkeit. Nach ihm ist es die Aufgabe jedes guten Europäers, sich daran abzuarbeiten, dass sich 2000 Jahre Christentum in unseren Traditionen und Institutionen abgelagert haben. Das gilt gerade auch für diejenigen, die nicht an Gott glauben. Nicht erst seitdem Papst Gregor der Große im 6. Jahrhundert die sieben Todsünden definierte, steht die Wollust in schlechtem Ruf. Sie gilt als unanständig, wild und unbeherrschbar, stellt den Menschen als Vernunftwesen radikal in Frage, ist eine Herausforderung für Theologen und Philosophen, für Neurologen, Feministinnen und Mediziner. Kurzweilig und anekdotenreich macht sich der englische Philosoph Simon Blackburn in seinem Buch „Wollust“ auf die Suche nach der schönsten aller Todsünden. Jean-Jacques Rousseaus Werk und seine Existenz repräsentieren alle Hoffnungen, alle Nostalgien und alle Widersprüche des modernen Bewusstseins. „Er ist unser aller Vater“, schreibt Claude Lévi-Strauss. Das spätmoderne Individuum wurde schon von Rousseau unnachsichtig entlarvt. Und dennoch stilisierte sich der „arme Jean-Jacques“ wie kein Zweiter vor oder nach ihm als zerrissene Persönlichkeit. Diesen fundamentalen Widersprüchen im Denken Rousseaus und seiner Persönlichkeit geht Robert Spaemann in seinem neuen Buch „Rousseau – Mensch oder Bürger“ auf den Grund.

2008