19.05.08 Montag, 20.00 h

Europa-Kulturtage der Europäischen Zentralbank

DUSAN SIMKO (SLOWAKEI) LIEST AUS „ESTERHÁZYS LAKAI“ UND JACEK DEHNEL (POLEN) AUS „LALA“
MODERATION: RUTHARD STÄBLEIN

Es war 2005 der erste slowakische Roman seit zehn Jahren, der in deutscher Übersetzung erschien. Von einem „bemerkenswerten Epochenbild, das den kakanischen Kulturreichtum im ‚ungarischen Versailles‘ literarisch darstellt“, sprach etwa die „Neue Zürcher Zeitung“. Das „ungarische Versailles“, das war Schloss Esterháza, das die sagenumwobene Familie Esterhazy zu ihrem Mittelpunkt erkoren hatte, wo Joseph Haydn ein und aus ging  und der 1945 geborene Autor eines Tages einen jungen Juden namens Isaak Abeles als Bittsteller an die Pforte klopfen lässt. Dessen Geschichte ist eingebettet in ein Sittengemälde am Vorabend der französischen Revolution und in ein bedeutendes Kapitel Musikgeschichte.  Aber es entspinnt sich auch eine Kriminalgeschichte. Und eine Liebesstory. Dušan Šimko, geboren1945 in Košice (Slowakei) – in derselben Straße, in der Sándor Márai einst aufgewachsen war. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee in die Tschechoslowakei emigrierte er 1968 in die Schweiz, wo er politisches Asyl erhielt. In Basel beendete er sein Studium und wirkt bis heute als Schriftsteller, Universitätsdozent, Filmemacher und Publizist. Zu Šimkos Hauptwerken zählen u.a. „Japonský diván“ („Japanischer Diwan“, 1993), „VI. prápor“ („Das 6. Bataillon“, 1997), und „Exil in Basel, Gespräche mit Flüchtlingen aus der Tschechoslowakei“ (2003). Dušan Šimkos Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

Noch im Alter wurde sie „Lala“, Püppchen genannt, die Großmutter, deren Kosenamen Jacek Dehnel zum Titel seiner autobiographischen Familiensaga machte. Das Debut des 1980 geborenen Autors stand in Polen monatelang auf den Bestsellerlisten und wurde von der Kritik als „unkonventionelles Meisterwerk“ gefeiert. Dehnel, der sich gerne als Dandy selbst inszeniert und auch schon einmal mit Gehrock und Zylinder auftritt, lässt seine Großmutter erzählen, von sich, von ihrer Familie und damit aber auch von ihrer gesellschaftlichen Schicht, und von der polnischen, von der mitteleuropäischen Geschichte. Wenn die alte Frau den Faden verliert, spinnt ihr Enkel ihn weiter: ein Buch auch über das Erzählen, über die Notwendigkeit der mündlichen Überlieferungen. Jacek Dehnel, geboren 1980 in Gda?sk (Danzig), studierte Geisteswissenschaften an der Warschauer Universität. Er lebt und arbeitet als Schriftsteller, Lyriker und Übersetzter in Warschau.

Beitrag der Stadt Frankfurt am Main im Rahmen der Europa-Kulturtage der Europäischen Zentralbank 2008

2008