07.03.08 Freitag, 19.00 h

Streitfall - Autoren in der Kontroverse

DIE NEUEN BÜCHER VON PETER SCHNEIDER, RICHARD SENNETT UND NIELS WERBER
ES DISKUTIEREN: PETER SCHNEIDER (BERLIN), MICHA BRUMLIK (FRANKFURT), MARTIN LÜDKE (FRANKFURT) UND HANNELORE SCHLAFFER (STUTTGART)
GESPRÄCHSLEITUNG: PETER KEMPER (HR2, FRANKFURT)

Zum vierunddreißigsten Mal veranstalten der Hessische Rundfunk und das Literaturhaus Frankfurt eine öffentliche Gesprächsrunde, in der Journalisten, Wissenschaftler und Schriftsteller Neuerscheinungen aus dem Sachbuchbereich kritisch durchleuchten. 1968 – an diesem symbolischen Datum scheiden sich die Geister. Peter Schneider war einer der Akteure jener wilden Jahre, Weggefährte von Rudi Dutschke, Gaston Salvatore und Ulrike Meinhof. Als einer der ganz wenigen unter ihnen hat er damals Tagebuch geführt, das er jetzt durchblättert und sich dabei mit den Hoffnungen, Utopien und Verstiegenheiten dieser Zeit kritisch auseinandersetzt. In dem Streitgespräch begegnen sich der alte und der junge Autor und fragen sich, ob die einstigen Aufbruchs- und Emanzipationsbestrebungen gerechtfertigt waren und was aus ihnen geworden ist. Die Antworten hat Peter Schneider in seinem Buch „Rebellion und Wahn – Mein 68“ versammelt. Unter dem Titel „Handwerk“ hat der amerikanische Soziologe Richard Sennett eine große Zusammenschau seiner bisherigen Forschungsarbeit vorgelegt. Es ist eine fulminante Kulturgeschichte „handwerklichen Könnens“ geworden. Zugleich plädiert Sennett dafür, den Menschen und die Welt der Arbeit wieder zu versöhnen. Dabei versteht der Zeitdiagnostiker unter „Handwerk“ keine nostalgische Praxis, sondern eine besondere menschliche Möglichkeit „engagierten Tuns“, die auch in der Industriegesellschaft noch nicht ganz verschwunden ist und verteidigt werden sollte. Wie literarische Erfindungen in die wirkliche Welt hineinwirken können, zeigt der Philologe und Medienwissenschaftler Niels Werber in seinem neuen Buch „Die Geopolitik der Literatur“. Zu allen Zeiten haben Schriftsteller und Künstler imaginäre Weltgegenden entworfen, die zunächst zur Orientierung in einer Welt der Fiktionen dienen. Aber oft verdichten sie sich auch zu Weltanschauungen, Ideologien und Programmen. Werber kann belegen, dass solche künstlichen Kartographien Bilder von guten und bösen, zivilisierten und barbarischen Weltteilen produzieren, die sich tief in die Köpfe der Leser einprägen. 

2008