19.01.10 Dienstag, 20.00 h

"Aufklärung und Einweihung"

Michael Rohrwasser im Gespräch mit Stephan Gregory und Lorenz Jäger

„Der Deutsche, der von den Freimaurern hört, wird ‚Verschwörungstheorie!’ sagen und abwinken. Er wird sich an die Halluzinationen von Büchners Woyzeck erinnern, an den armen Stadtsoldaten, den Mörder seiner Geliebten, der auf dem Feld vor der Stadt etwas sieht, zu sehen meint: ‚Andres, das waren die Freimaurer, still!’“. Mit diesen Zeilen beginnt Lorenz Jäger sein Buch „Hinter dem Großen Orient – Freimaurerei und Revolutionsbewegungen“, 2009 im Karolinger Verlag erschienen: „Wer über den Anteil der Freimaurer an den neueren Revolutionen urteilen will, so schreibt er, darf nicht nur auf den deutschen Raum schauen.“ In Frankreich und von dort ausgehend in die romanischen Länder fanden die Revolutionäre ihre Rekrutierungsräume und legale Deckung in der Großloge des „Grand Orient“. Jenseits der konterrevolutionären Pamphletistik und zugleich frei von der eingespielten Abwehr angeblicher „Verschwörungstheorien“ schildert Lorenz Jäger in seinem Buch die tatsächlichen, aus den Quellen dokumentierten Beziehungen zwischen den Revolutionären des 19. und 20. Jahrhunderts und den Logen.

„Wie schwer es ist, befriedigende Aufschlüsse über geheime Verbindungen zu geben, fühlt man erst dann, wenn man sich darüber erklären will; denn durch die Kürze wird die Sache dunkel, und durch die Weitläufigkeit verwirrt“, zitiert Stephan Gregory in seinem Buch „Wissen und Geheimnis“ den Kanonikus Jakob Anton Hertel, der Mitglied des Illuminatenordens war. Der Geheimbund der Illuminaten wurde 1776 an der Universität Ingolstadt gegründet und 1784 von den bayerischen Behörden aufgedeckt. Während sich die bisherigen Forschungen auf die Frage nach den geistes-, sozial- oder politikgeschichtlichen Bedeutungen der Geheimbünde konzentriert haben, rekonstruiert Stephan Gregory die Welt der Illuminaten aus den Mechanismen ihres Funktionierens. Als Inbegriff verborgener, ortloser Macht zeigte diese Geheimgesellschaft an, was die grundlegende Qualität moderner, bürokratischer Herrschaft sein wird. Das Buch ist im Stroemfeld Verlag erschienen.

Michael Rohrwasser wird mit den beiden Autoren über ihre Bücher diskutieren. Er ist Professor für Neue deutsche Literatur an der Universität Wien, war Gastprofessor in Stanford (USA) und Autor zahlreicher Beiträge u. a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der ZEIT und der Frankfurter Rundschau.

Eintritt 6,- / 3,50

2010