22.09.11 Donnerstag, 19.30 h

Adam Zagajewski und Nora Bossong: "Du musst die verstümmelte Welt besingen"

Der zersplitterte Spiegel der Religion

In seinem Essay „Verteidigung der Leidenschaft“ (Hanser) hat der polnische Dichter Adam Zagajewski sein ästhetisches Credo formuliert: Eine Kultur, die den Sinn für das „Sacrum“, das Heilige, verliere, habe ihr Fundament schon preisgegeben. In seiner Dichtung sucht der Kosmopolit Zagajewski nach einer Balance zwischen Ekstase, Transzendenz und Reflexion. Sein Gedicht „Karfreitag in den U-Bahn-Schächten“ lotet dieses Verhältnis aus: „Ich habe der Matthäus-Passion gelauscht, / die Schmerz in Schönheit verwandelt. / Ich habe die Todesfuge Celans gelesen, / die Schmerz in Schönheit verwandelt.“ Als skeptischer Mystiker misstraut Zagajewski der Verwandlung des Schmerzes in Schönheit, nicht aus ästhetischen Skrupeln, sondern vielmehr aus der historischen Erfahrung. Nora Bossong bewegt sich in ihrem Gedichtband „Sommer vor den Mauern“ (Hanser) durch ein mythisches „Arkadien“. Gedichte, die katholische Heilsgeschichte erkunden, wo die religiöse Aura auf das säkulare Bewusstsein der Dichterin trifft. Subtil, unaufdringlich, verwoben, ikonografisch. Dichter und Dichterin begegnen sich heute in Lesung und Gespräch.

Zweiter von vier Abenden der Veranstaltungsfolge „Religionen sind Gedichte“ Kuratiert von Michael Braun und Henning Ziebritzki in Zusammenarbeit mit Hauke Hückstädt

Gefördert von EKHN-Stiftung

Eintritt 7 / 4 Euro / Karten bestellen

2011